Manuela

 
Dieser Bericht ist von Manuela. Sie ist zur Zeit mit ihrem ersten Kind schwanger und hat am 31.10.2002 Geburtstermin. Ihr hilft ein wenig die Akkupunktur. (06.05.2002)
 
Wir haben vor einem halben Jahr kirchlich geheiratet und sind in unser neues, großes Haus gezogen - mit drei Kinderzimmern (mein Gott!) Und dann wünschten wir uns natürlich Nachwuchs. Es klappte auch ziemlich schnell. Als ich im Büro auf der Toilette den Test machte, war ich überglücklich. Da war ich in der 5. SSW.

In der sechsten fing es langsam an. Erst war mir morgens schlecht, dann auch abends und irgendwann den ganzen Tag. In der siebten kam dann das dauernde Brechen dazu. Ich ging zum Frauenarzt. Der schrieb mich krank und legte mich täglich an den Tropf. Das würde schon in der 12. Wochen aufhören, versicherte mir der gute Mann. Und ich sollte Spazierengehen bei dem schönen Wetter.

Der hatte natürlich keine Ahnung. An Spazierengehen war selbstverständlich nicht zu denken. Ich pendelte zwischen Sofa und Klo und schleppte mich zwischendurch in die Praxis zum Tropf mit Nährlösung, der mir allerdings nicht wirklich half. Ich fühlte mich danach nur etwas stärker. Auch die Nux vomica etc. blieb wirkungslos. Ich war psychisch und körperlich am Ende und weinte viel. Das Einkaufen und Kochen übernahm meine Mutter, nicht einmal zum Blumen gießen konnte ich mich aufraffen.

So ging es drei Wochen, bis meine Krankschreibung ablief. Ich ging wieder zum Arzt, diesmal traf ich auf eine Vertreterin. Als ich heulend vor ihr saß, meinte die Ärztin, das ganze sei auch psychosomatisch bedingt. Ich hätte meine Schwangerschaft noch nicht akzeptiert. Ich hatte keine Kraft zu protestieren. Immerhin verschrieb mir die Frau Postadoxin-Tabletten - ein "Wundermittel", wie sie meinte.

Ich zögerte zwei Tage, ehe ich die erste Tablette einnahm - aus Angst, mein Kind zu schädigen. Doch dann tat ich es doch und das Medikament schenkte mir eine Woche ohne Kotzen und Übelkeit. Ich dachte: "Es ist überstanden" und ging wieder zur Arbeit.

Nach ein paar Tagen verloren die Tabletten ihre Wirksamkeit. Nachmittags setzte die Übelkeit wieder ein, ich mußte immer früher nach Hause fahren. Einmal kotzte ich auf dem Heimweg in den Straßengraben. Als ich dann morgens in der Küche ohnmächtig wurde, war für mich Schluß. Ich ließ mich wieder krankschreiben. Zwischenzeitlich hatte ich Deine Homepage gelesen und mit einigen anderen betroffenen Frauen in meinem Bekanntenkreis gesprochen. Sie rieten mir zu Akkupunktur. Auch meine Nachfrage nannte mir der Arzt ein Hebammen-Zentrum in der Nähe.

Dort bin ich seitdem Stammgast. Beim ersten Mal erklärte mir die Hebamme, daß sich die Symptome zuerst verschlechtern könnten. Das sei ein Zeichen für die Wirksamkeit der Akkpunktur. Sie stach mir Nadeln in die Innenseite der Handgelenke - die "Übelkeits-Punkte" - und in die Kniegelenke - "Magenpunkte". Dazu gab es eine Fußreflexzonen-Massage. Den folgenden Nachmittag verbrachte ich über der Kloschüssel.

Die Hebamme hatte mir geraten, komplett auf Milchprodukte zu verzichten. "Fehlen dem Baby dann nicht Calcium und Magnesium? ", fragte ich. Da müsse ich mir keine Sorgen machen, antwortete sie, das Kind werde sich schon alles holen. Ich sollte nichts Heißes und nichts Kaltes aus dem Kühlschrank trinken. Der Ingwer-Tee, zu dem mir die Hebamme ebenfalls geraten hatte, wollte einfach nicht drin bleiben. Aber Fencheltee vertrug ich ganz gut. Nach der zweiten Sitzung ging es mir schon besser, nach einer Woche Akkupunktur und Schonkost war das Erbrechen und die Übelheit deutlich weniger geworden.

Weil Besserung eingetreten war, sollte die Behandlung langsam zurückgefahren werden. Doch schon beim ersten Tag Pause kam die Kotzerei zurück. Wir zogen die Nadelei noch eine weitere Woche durch, inzwischen gehe ich noch alle zwei Tage hin.

Im Moment geht es mir ganz gut. Ich habe gute und weniger gute Tage. An den besseren konnte ich nach langer Zeit mal wieder unter Leute gehen und Freunde besuchen. Das tat gut, weil es mich auf andere Gedanken brachte. Ich reagiere allerdings höchst empfindlich auf noch so gut gemeinte Ratschläge und Kommentare. Ich weiß inzwischen, daß mich nur die wirklich verstehen, die Ähnliches durchmachen.

Es war eine schwere Zeit für meine Familie. Mein Mann Michael wußte nicht, wie er mir helfen konnte. Meine Schwester, meine Eltern, allesamt einfach hilflos.

Meine Freundin ist ebenfalls schwanger - sie ist einen Monat weiter als ich. Ich bin richtig neidisch, weil bei ihr alles völlig problemlos läuft. "Warum gerade ich?", das fragte ich mich in den vergangenen zweieinhalb Monaten immer wieder.

Ich hoffe, daß ich das Schlimmste überstanden habe. Der vierte Monat ist fast rum, vielleicht habe ich Glück, und es bleibt erträglich. Heute war mein erster Arbeitstag. Es hat ganz gut geklappt - drück mir die Daumen.

Geburtstermin ist der 31. 10. Ich sehne ihn herbei, dann ist es wirklich geschafft. Bei einer Akkupunktur-Sitzung lag ein Frau im Kreißsaal nebenan in den Wehen. Die Hebamme fragte, ob ich die Schreie ertragen könnte. "Ich würde auf der Stelle mit der Frau da drüben tauschen", sagte ich, "dann wäre nämlich in ein paar Stunden alles vorbei."

Die Ultraschall-Untersuchungen haben mir immer wieder Auftrieb gegeben - wenn dieser kleine Wurm wüßte, wie sich seine Mutter für ihn quälen mußte!

Ich gratuliere Dir und Deinem Mann zu Eurem Durchhaltevermögen und zu Euren beiden "Kotzbrocken"!

Viele Grüße,

Manuela