Soll ich mir die Hölle noch mal antun?

Vanessa, Donnerstag, 20. Oktober 2016, 20:37 (vor 2716 Tagen)

Hallo, Ihr Lieben....

Ich habe vor 14,5 Monaten einen wundervollen Sohn geboren. Davor habe ich 9 Monate die Hölle durchgemacht. Ich habe tatsächlich am Tag der Geburt das letzte mal gespuckt. Angefangen hat es ungefähr in der 7.ssw. Mir war bis zur Geburt, dauerschlecht. In den ersten 10 Wochen HG habe ich bis zu 25 mal am Tag gespuckt. Dann habe ich Akkupunktur bekommen und bin auf 2 -10 mal spucken am Tag runter. Speifreie Tage gab es gar nicht. Wirkliche Unterstützung im Sinne von Verständnis habe ich wenig bekommen. Meine Hebamme war toll und hat mich sehr aufgebaut. Ich habe nach der Geburt 20 kg weniger, wie vor der SS gehabt...
Mein Sohn hat mehr unter der SS und der HG gelitten, als ich es angenommen hatte. Er hatte starke Anpassungsschwierigkeiten, war ein Schreikind, hatte Probleme mit Magen und Darm und hat immer noch einen Nystagmus (der aber schon deutlich besser geworden ist)....

Ich selber habe einen Bruder, zu dem ich ein gutes Verhältnis habe. Daher wollte ich auch immer mehr, wie ein Kind. Ich habe auch das Gefühl, dass uns noch jemand fehlt...

Allerdings: will / Kann / Soll ich mir freiwillig diese Hölle noch mal antun? Kann ich meinem Sohn das zumuten? Welche Unterstützung kann ich bekommen, damit mein Sohn nicht unter meiner SS leiden muss?
Gibt es Hilfen der Krankenkassen, oder von irgendeinem Amt???


Lieben Gruß.

Soll ich mir die Hölle noch mal antun?

Sonja2 @, Freitag, 21. Oktober 2016, 00:04 (vor 2716 Tagen) @ Vanessa

Hallo, liebe Vanessa,

Deinen Wunsch nach einem weiteren Kind kann ich gut verstehen – und auch die Angst vor der Schwangerschaft. Ich selber habe zwei Kinder, hätte gerne drei gehabt. Auf ein drittes Kind haben wir angesichts der zweimaligen HG verzichtet. Es hat lange gedauert, bis ich mich von diesem Wunsch habe verabschieden können. Ein zweites Kind gewagt zu haben war rückblickend eine gute Entscheidung. Doch rückblickend lässt sich das leicht sagen. Es war ein harter Weg.

Was mir geholfen hatte war, dass ich mich im Vorfeld eingelesen habe in die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten und diese mit meinen Ärzten (Frauenarzt, Internist) besprochen habe. Es war also im Vorfeld klar, dass ich nicht nur Vomex erhalten würde, würde es schlimm werden. Und was wahrscheinlich noch wichtiger war: ich selber war mit mir im Reinen was die Medikamente anbelangte. Außerdem war besprochen, dass ich ambulant Infusionen erhalten könnte – was ich auch benötigte.

Was die Versorgung des ersten Kindes anbelangte, so hatte ich Glück, dass wir das mit den Großeltern stemmen konnten. Ansonsten aber gibt es die Haushaltshilfen – dazu können Dir andere mehr schreiben. Vielleicht meldet sich ja Bonsai, die sich da hervorragend auskennt.

Was das Verständnis anbelangt, so gibt es ja hier in dem Internetauftritt die Erfahrungsberichte von Chrissi und von anderen Frauen. Ich hatte meinen Mann vor der zweiten Schwangerschaft gebeten gehabt, die Texte zu lesen. Ich habe den Eindruck, dass es für Angehörige und Freunde realer wird, wenn sie Berichte von weiteren Betroffenen lesen. Die HG bleibt exotisch, aber es gibt eben Frauen, die genauso wie Du und ich daran gelitten haben. Das wird durch diese Berichte sehr deutlich.

Dein Sohn wird wahrscheinlich darunter leiden, wenn Du erneut so schwer betroffen sein solltest, wie beim ersten Mal. (Vielleicht hast Du ja auch Glück und es wird leichter – das gab es hier auch schon, wenn es auch nicht die Regel zu sein scheint.) Dafür aber wird er nicht als Einzelkind aufwachsen. Er wird lernen, dass man manchmal viel auf sich nehmen muss, um seine Träume zu erfüllen. Er wird im Falle eines zweiten Wagnisses keine Mama haben, die um den Verlust trauert, kein zweites Kind zu bekommen. Ich denke, man muss das realistisch sehen: die HG fordert einen hohen Preis. Das hast Du Dir nicht ausgesucht. Das ist einfach so. Und auch Euer Sohn ist davon betroffen. Aber die Wunden können heilen. Ich selber bin froh, kein Einzelkind zu haben. Und ja: Mama so schwer krank erlebt zu haben hat sicherlich Spuren hinterlassen – aber so ist das Leben. Es gibt Dinge, die kann man sich nicht aussuchen. Andere kämpfen mit Krebserkrankungen in der Familie. So betrachtet finde ich, haben wir großes Glück gehabt. Und diesen steinigen Weg für ein Geschwisterchen beschritten zu haben, das hat uns alle auch stolz gemacht.

Liebe Vanessa, jetzt höre ich mal wieder auf mit meinem Plädoyer für ein Geschwisterchen ;-). Was ich in den wenigen Zeilen gelesen habe hört sich nach einer sehr schlimmen Schwangerschaft an. Und nach einer anstrengenden Zeit mit Eurem Sohn. Vielleicht lasst Ihr Euch Zeit mit der Entscheidung, redet miteinander, was es für Euch bedeutet, findet heraus, was Ihr an Unterstützung benötigt, um es nochmals wagen zu können. Hier sind ganz viele Frauen, die das gut nachempfinden können, wie schwer diese Entscheidung ist.

Alles Liebe, Sonja

Soll ich mir die Hölle noch mal antun?

Vanessa, Freitag, 21. Oktober 2016, 12:26 (vor 2716 Tagen) @ Sonja2

Liebe Sonja,

Vielen Dank für deine lieben Worte. Das hat mich sehr berührt und meinen Kinderwunsch mich bestärkt.

Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie sowas schlimme mitmachen müssen, wie die SS. Es wurde immer gesagt, die Erinnerung verblasst und lässt es besser erscheinen , als es war. Das kann ich nicht sagen. Ich bin durch die Hölle gegangen, um meinen Engel im Arm halten zu können. Die Erfahrungen auf dieser Seite haben mir sehr geholfen.

Danke.

Soll ich mir die Hölle noch mal antun?

melly210, Freitag, 21. Oktober 2016, 16:00 (vor 2716 Tagen) @ Vanessa

Hallo Vanessa !

Ich denke auf diese Frage gibt es kein richtig oder falsch. Jeder Weg den man da wählen kann ist schwer, leider.

Meine Schwangerschaft war auch sehr heftig, mein Sohn hatte dann das SGA-Syndrom (dh er war zu klein und zu leicht), hatte eine Infektion, Atemstillstand, Trinkschwäche....jetzt geht es ihm aber gottseidank sehr gut :-) Er wird in einer Frühförderstelle entwicklungsdiagnostisch überwacht, dh alle halben Jahre beurteilt ein auf Entwicklungsdiagnostik spezialisierter Kinderarzt gemeinsam mit Logopäden, Psychologen und Co ob er sich gut und normal entwickelt. Falls das bei deinem Sohn nicht ohnehin gemacht wird, kann ich das sehr empfehlen.

Wir haben uns obwohl wir immer zwei Kinder wollten definitiv dagegen entschieden nochmal auf normalem Weg ein Kind zu bekommen.

Ob wir es aber wirklich bei dem einen Kind belassen werden sind wir uns noch nicht sicher. Sicher ist eben nur daß es wenn dann nicht von mir ausgetragen werden wird sondern entweder ein Leihmutter oder ein Pflegekind wäre. Eventuell wären das auch Möglichkeiten die für euch in Frage kämen ?

Soll ich mir die Hölle noch mal antun?

Inga, Freitag, 21. Oktober 2016, 18:33 (vor 2716 Tagen) @ melly210

Hallo Vanessa,

Lass Dich auf jeden Fall zeitlich nicht unter Druck setzen. Wenn Dein Kleiner drei Jahre oder älter ist, kann er besser verstehen, dass Du krank bist, er kann mal zu Verwandten oder Freunden gehen und Du musst Dir weniger Sorgen darüber machen, dass er unter Deinem Zustand leidet. Ich kenne viele Geschwister mit vier bis acht Jahren Abstand, die sich sehr nahe stehen und viel miteinander machen. Wenn das bei Dir vom Alter her drin ist, gebt Euch die Zeit. Vielleicht wird ja auch bis dahin die Wunderdroge gegen HG erfunden ☺️

Die anderen Tipps, den Spielraum von Medikamenten vorher besprechen und gegebenenfalls ausnutzen, über ein Pflegekind nachdenken, usw., finde ich auch gut.

Eine gute Entscheidungsfindung und viel Freude mit Deinem Kleinen!

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