Nicole

 
Die folgende Email mit Erfahrungsbericht kommt von Nicole. Ausnahmsweise mal mit positiven Krankenhauserfahrungen.... (20.04.2002)
 
Wenn ich die Berichte auf dieser Website lese, weiß ich, dass es mir eigentlich noch gut erging (ergeht), auch wenn ich mich nach über 4 Wochen Kotzerei wie verzweifeltes Trockenobst gefühlt habe...

Aber zu meiner Geschichte.

Wir haben gerechnet, ab wann ich (da ich als Lehramtsanwärterin noch in der Prüfung stecke) schwanger werden darf, und es hat prompt geklappt (Jan. 2002). Die Freude war groß - nur meine Mutter war etwas skeptisch - "hättet ihr nicht noch etwas warten sollen, bis die Prüfungen vorbei sind?!"

Die Schwangerschaft begann mit ständigem Aufstoßen - ich dachte mir deshalb schon bevor die Regel ausblieb, dass ich schwanger bin.

Ende der 6. Woche war ich bei meiner FÄ, die mir meine Vermutung bestätigte und mir allerlei gute Ratschläge bzgl. gesunder Ernährung mit auf den Weg gab (Ha - ha!). Die Übelkeit (ganztägig) hatte zu diesem Zeitpunkt zwar schon eingesetzt, war aber noch erträglich.

In der 7. Woche hatte ich meine erste Lehrprobe (Prüfungsstunde), die zum Glück gut und ohne Übelkeit verlief. Am Tag danach gings mit der Kotzerei los. Anfangs nur ein bis zwei mal täglich, was sich schnell steigerte. Ich bekam Vomex-Zäpfchen verschrieben - doch da ich darauf starke Unterleibskrämpfe (toll in der Schwangerschaft!!! Ich dachte ich drück gleich das Kind raus!!!) bekam, musste ich auf Dragees umsteigen, die mir dann auch erst mal halfen. Erst mal! Die Übelkeit wurde immer schlimmer. Etwa eine Woche lang half es mir, vor dem Aufstehen kalten Kakao zu trinken - bis ich diesen gleich wieder ausspuckte, mal ganz davon abgesehen, dass ich es mit sämtlichen anderen Tricks (Traubenzucker, vor dem Aufstehen langsam essen und trinken, Globuli, Salzstängchen, Ingwer, verschiedene Tees, trockenes Brot, ..........) versucht hatte. Der Gang durch den Supermarkt wurde zur Qual, da ich Lebensmittel nicht einmal mehr ansehen konnte. Von Obst und Gemüse konnte ich nur träumen, ebenso wie Vollkorn und Fett. Das waren die schlimmsten Übeltäter! Die Beziehung zu meiner Toilette wurde immer inniger als die Osterferien begannen. Schon vorher musste ich meine Schüler immer wieder mit dem Aufsatz vertrösten, den ich 4 Wochen lang korrigiert hatte ("tut mir leid, aber mir war schon wieder schlecht" war meine Entschuldigung - "Ihnen gehts heute wieder nicht gut, oder?!" musste ich mir immer öfter anhören.).

Das "witzigste" war, dass ich nachts davon träumte Unmengen zu essen! Mein Mann begann mit mir die eigenartige Diät bestehend aus Weißbrot und magerem Fleisch (ALLES andere brachte bei mir schon beim Drandenken den Würgereiz). Chicken McNuggets vom Mäc waren meine Lieblingsspeise geworden. Die linderten sogar die Übelkeit! Die Vomex Dragees halfen dann, wenn ich es schaffte sie unten zu behalten, was leider nicht immer gelang...

In den Ferien bekam ich den Brief, dass ich in der Woche nach den Ferien meine zweite Lehrprobe haben würde. Also begann ich - neben meinem geliebten Eimer - mit den Vorbereitungen. Es war eine Qual. Einmal schlief ich über meinem Rechner ein, weil ich so erschöpft war vom Kotzen am Vortrag.

Dennoch war die Kotzerei noch in dem Sinne erträglich, dass zumindest ein Essen am Tag in mir blieb und ich mit Glück (viel Glück) auf einen Liter (dringebliebene) Flüssigkeitszufuhr am Tag kam (nicht mit eingerechnet war jedoch der Verlust...).

Die Ferien neigten sich dem Ende und meine Kotzerei kam zu ihrem Höhepunkt. Von Samstag Abend bis Sonntag Vormittag musste ich etwa 17 mal kotzen - obwohl ich nachts gut schlief (etwa 10 Stunden). Hätte ich nicht am Sonntag einfach resigniert und nichts mehr zu mir genommen, wäre es noch mehr geworden. Es war soweit, dass ich nichts mehr herunterbrachte. Einmal am Glas nippen, dreimal kotzen.

Das war der Punkt an dem ich (Sonntag Mittag) verzweifelt meine FÄ anrief, die sagte ich solle nicht zögern und in die Klinik gehen.

Das war die einzige richtige Entscheidung.

Ich kann nur jedem raten, der in Aschaffenburg und Umgebung an Hyperemesis leidet, ins Klinikum AB zu gehen. Auf der Station Gyn 4 seid ihr bestens aufgehoben!

Niemand stellte mir dumme Fragen, alle lasen mir die Wünsche von den Augen ab. Ich war bestens versorgt!!!

Als ich auf dem Ultraschall sah, dass mein Zwerg in den letzten 2 Wochen trotz Kotzerei von 3 auf 6,5 cm gewachsen war und er fröhlich in meinem Bauch auf- und abdopste, ging es mir gleich besser! Wegen mir wäre ich nicht in die Klinik, aber ich dachte, dass es meinem Zwerg nicht gut tut, wenn ich langsam aber sicher vertrockne. Man hing mich gleich an den Tropf und ließ innerhalb von etwa 40 Stunden ca. 10 Liter Flüssigkeit verschiedenster Art - mit Nährstoffen und Vitaminen - in mich hineintropfen. Ich musste nichts mehr Essen und Trinken! Das war ein enormer Druck, der von mir genommen wurde. Tee und Zwieback konnte ich zu mir nehmen, wenn ich (mein Magen) es so wollte.

Montag Abend musste ich mich erst wieder übergeben - zweimal kurz hintereinander. Seitdem bin ich kotzfrei (ich sollte vielleicht nicht so laut schreien!). Am Dienstag haben wir mit "Kostaufbau" langsam begonnen. Ich aß mittags eine Boullion mit Weißbrot, abends Käse auf Weißbrot. Ganz langsam, ich brauchte (und brauche noch) Stunden zum Essen. Abends wurde die Nadel entfernt, so dass ich am nächsten Tag auch Trinken musste. Das war eine große Herausforderung, die ich jedoch irgendwie gemeistert habe.

Bis Freitag war ich in der Klinik, habe langsam und vorsichtig getrunken und gegessen. Bei Bedarf bekam ich Vomex Dragees, zwischendurch durfte ich auf dem Ultraschall sehen, dass mein Zwerg in bester Ordnung ist - Fruchtwassermenge i.O., Plazenta an der richtigen Stelle, Herz schlägt kräftig, Kind turnt fröhlich und sogar einen Fuß mit 5 Zehen konnte ich sehen, und das in der 13. SSW.

Geholfen hat mir auch das große Verständnis und die Fürsorge. Keiner fragte doof, keiner zweifelte an, ob es mir wirklich so schlecht ergangen war - wo es mir in der Klinik doch gleich viel besser ging...

Durch den Klinikaufenthalt habe ich natürlich meine Prüfung absagen müssen. Ich hätte sie nun natürlich gerne hinter mir, aber dass ich hier ohne größere Übelkeit sitzen kann, dabei Tee trinke und (wie vom Arzt geraten) bis zu 10 mal am Tag eine Kleinigkeit esse, und dass ich seit Montag Abend nicht mehr gekotzt habe ist mir viel wichtiger. Natürlich bin ich nicht "Vomex-frei", aber ich habe inzwischen kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich Vomex nehme, da mir die Ärzte gesagt haben, ich solle lieber eine zu viel als eine zu wenig nehmen, bevor mein Magen sich wieder ausklinkt... . Und zur Zeit bin ich mit max. 1 Vomex am Tag doch gut dabei.

Wieder zuhause angekommen war einer der ersten Wünsche eine Geruchsänderung in der Toilette. Nicht dass es dort irgendwie schlecht gerochen hätte, aber der Geruch weckte zu viele Erinnerungen, so dass ich bereits beim Betreten der Toilette zu Würgen anfing. Ein kleiner Raumerfrischer mit Meeresduft tat wahre Wunder. Nun kann ich ohne Angst und Würgen in die Toilette treten...

Wie gesagt, gegenüber den anderen Berichten sind meine Erlebnisse harmlos, aber ich denke ein positiver Klinikbericht tut dieser Seite vielleicht auch ganz gut. Ich hoffe, dass ich die schlimmste Zeit nun wirklich hinter mir habe und von nun an zumindest einigermaßen kotzfrei bleiben werde...

Viele Grüße und alles Gute an alle Leidenden

Nicole

(Irgendwie kann man sich bei so einem Erfahrungsbericht nicht kurz fassen!)