Silvia

 
Dieser Bericht ist von Silvia. Danke Silvia ! (12.01.2003)
 
Ich heiße Silvia und bin 31 Jahre alt. Am 7. November habe ich eine gesunde Tochter, 3540 Gramm schwer und 53 cm groß, zur Welt gebracht. Sie heißt Beatrice und ist ein absolutes Wunschkind.

Es war meine erste Schwangerschaft und diese war ein Albtraum. Aber ich fange ganz am Anfang an:

Ich habe vor 11/2 Jahren geheiratet und wir wünschten uns ein Baby. Im Februar 2002 war mir plötzlich so komisch flau und ich fühlte mich irgendwie krank, ohne genau zu wissen, was mir fehlte. Ich wurde vom Arzt zwei Wochen krankgeschrieben. Aber es ging mir einfach nicht besser. Nach den 2 Wochen sollte meine Regel kommen, aber sie blieb aus. Ich kaufte mir einen B-Test und stellte voller Freude fest: Ich bin schwanger!

Nun wusste ich auch, was mit mir los war, aber es wurde immer schlimmer. Ich schleppte mich noch zwei Wochen auf Arbeit und wartete jeden Tag sehnsüchtig auf den Feierabend, um endlich ins Bett gehen zu können. Dann fing ich an mich zu übergeben. Alle sagten, das wäre am Anfang ganz normal. Meine FÄ meinte, nach der 12. SSW, spätestens nach der 16. ist das vorbei. Eine nicht sehr tröstende Aussage, wenn man in der 5. SSW ist. Mein Blutdruck sank in den Keller und mir war ständig übel. Meine FÄ, eine anerkannte Fachkapazität, konnte mir auch nicht helfen. Sie schrieb mich krank, aber ich bekam keine Medikamente. Die Kotzerei wurde immer schlimmer. So rief ich verzweifelt wieder in der Praxis an. Ich bekam Vomex.-Dragees verschrieben und war erstmal zufrieden. Es gab nur ein entscheidendes Problem: Sobald ich versuchte die Tablette zu schlucken, musste ich mich übergeben. Also blieben die Dragees wirkungslos. Ich rief wieder meine FÄ an und bekam Vomex-Zäpfchen verschrieben. Ich sollte 3-4 Zäpfchen pro Tag nehmen. Die Wirkung war da, ich blieb 2-3 Stunden "kotzfrei", schlief wie im Trance (eine wohlbekannte Nebenwirkung von Vomex!). Danach war die Übelkeit wieder da. Ich bekam entsetzliche Kopfschmerzen und eine Art Depression (ebenfalls eine hübsche Nebenwirkung von Vomex). Eine andere Nebenwirkung war Verstopfung. Dadurch bekam ich starke Hämorriden. Ich wollte einfach nur schlafen und heulte vor lauter Qual. Dazu kamen sicher lieb gemeinte "Durchhalteparolen", die aber bei mir nicht gut ankamen! Ich versuchte einmal am Tag an die frische Luft zu gehen. Sobald mir ein Raucher entgegen kam, bin ich panisch auf die andere Straßenseite geflüchtet. Essen konnte ich überhaupt nicht mehr sehen. Ich versuchte vor dem Aufstehen Tee und Zwieback zu essen, aber auch das half nicht. Außerdem wurde es gegen Nachmittag meist schlimmer und ich musste mich den ganzen Tag über übergeben. Mit der berühmten "Morgenübelkeit" hatte das nichts mehr zu tun.

Kurz vor Ostern (ca. 9 SSW) war ich praktisch ein "Pflegefall". Meine Mutter kümmerte sich fast rund um die Uhr um mich. Ich versuchte Tee und Weißbrot bei mir zu behalten. Eine Küche oder das WC konnte ich nicht mehr betreten. Ich musste sofort brechen, bis zu 10x am Tag. Es blieb nichts mehr im Magen, nicht einmal mehr Tee. Karfreitag brachte mein Mann mich dann ins Krankenhaus. Sie behielten mich gleich dort, weil mein Zustand ernst war. Meine Urin- und Blutwerte waren bedenklich. Ich bekam Vitaminspritzen und wurde an den Tropf (mit Vomex) gehängt. Die Ärzte meinten, alles hätte psychische Gründe und ich würde mich wahrscheinlich innerlich gegen meine Schwangerschaft wehren oder hätte private Probleme! Mir reichte es gewaltig.

Außerdem war mir ja schon schlecht, bevor ich überhaupt wusste, dass ich schwanger war!!!

Ich blieb die ersten vier Tage am Tropf und versuchte Zwieback und Tee zu mir zu nehmen. Sobald der Tropf dran war, schlief ich oder dämmerte vor mich hin. Mir war alles egal, es sollte bloß aufhören. Der Tropf wurde am fünften Tag weggelassen und es dauerte nicht einen halben Tag und ich rannte wieder auf's Klo. Der Tropf kam wieder drei Tage dran. Meine beste Freundin besuchte mich und hätte mich fast nicht erkannt. Ich hatte 6 kg abgenommen, hatte dunkle Augenränder und meine Gesichtsfarbe war auch nicht mehr besonders rosig. Danach sollte ich für einen "Probetag" nach Hause gehen. Ich war dort kaum angekommen und rannte wieder los und kotzte. Selber Autofahren war sowieso unmöglich und Mitfahren die reinste Qual. Mittlerweile habe ich das Haus nicht mehr ohne Mülltüten verlassen. Am nächsten Tag wurde ich bei der Chefvisite gefragt, ob ich nach Hause möchte. Ich wollte unbedingt, weil es ja auch im Krankenhaus nicht aufhörte und ich langsam unter all den Schwangeren mit Problemen neurotisch wurde. Der Chefarzt machte mir wenig Hoffnung, dass es überstanden sei. Er meinte, wir würden uns sicher bald wieder sehen.

Ich war also entlassen und wollte zu Hause tapfer sein. Die 12. SSW ging vorbei, aber alles blieb beim Alten. Ich kotze nicht mehr so oft, konnte aber weiterhin nicht ohne Vomex-Zäpfchen leben. Auch die 16. SSW ging ins Land und ich litt weiter vor mich hin. Jeden Morgen beim Aufwachen dachte ich: Schon wieder ist die Nacht vorbei! Der Frühling ging vorbei und ich kotzte weiter. Je wärmer es wurde, um so unerträglicher wurde es für mich. Ich wollte nur auf dem Sofa liegen und meine Ruhe haben. Ich hörte viel Musik, um mich etwas abzulenken. Die Kopfschmerzen hämmerten in meinem Schädel, dazu kamen Nasenbluten und eine völlig entzündete Speiseröhre. Die psychische Belastung war vor allem deshalb so groß, da ich mich wie sterbenskrank fühlte, aber nur schwanger war und ich wünschte mir ja das Baby! Meine Mutter besorgte mir alles, worauf ich plötzlich Appetit bekam. Unter meiner Vomex-Dröhnung aß ich dann und hoffte, ich würde es bei mir behalten. Oft hatte ich aber kein Glück und alles kam wieder heraus. Wenn ich Pech hatte, natürlich auch beim spazieren gehen.

Einmal mussten wir 2 Stunden mit dem Auto fahren. Ich musste während dieser Zeit 5x kotzen. Mein Mann konnte teilweise nicht anhalten und meine Mülltüten reichten kaum aus. Als wir endlich ankamen, schaffte ich es kaum noch die Treppen nach oben. Ich zitterte am ganzen Körper und konnte mir die Schuhe nicht allein ausziehen. Ich legte mich hin und habe dann vor laute Erschöpfung 16 Stunden geschlafen. Meinem Mann wurde Angst und Bange. Oft bekam ich einen unerklärlichen Appetit auf salziges. Ich aß dann in Massen Salzstangen. Im Juni sind wir dann umgezogen. Ich konnte natürlich nichts machen und saß die ganze Zeit nur im Sessel, während meine Eltern alles verpackt haben. Mein Mann zog in unsere neue Wohnung ein. Ich wollte 14 Tage später, wenn alles schon etwas eingerichtet war, nachkommen. Nützlich konnte ich mich ja sowieso nicht machen.

Dann kam der Tag an dem ich in echte Panik geriet, der aber auch alles verändern sollte. Ich hatte es aufgegeben vor dem Aufstehen etwas zu essen. Es kam sowieso beim Zähneputzen wieder. Also würgte ich lieber mit nüchternen Magen, das war erträglicher. Aber an diesem Morgen war in dem Schleim Blut enthalten! Ich bekam es mit der Angst zu tun und wusste erst gar nicht, was ich tun sollte. Zur FÄ wollte ich nicht. Sie konnte mir auch nicht helfen. Und wie ich die Ärzte mittlerweile kannte, würden die mir noch eine Magenspiegelung verpassen. Ich rief panisch meine Zahnärztin an. Sie hatte auch bei ihrer Schwangerschaft vor über 30 Jahren an Hyperemesis gelitten. Sie beruhigte mich und meinte, es käme von den angegriffenen Schleimhäuten in Nase und Mund. Ich hätte in der Nacht Blut geschluckt. Dann wunderte sie sich, dass mein Zustand in der 23. SSW immer noch so schlecht war. Sie sagte, ich sollte ein homöopathisches Mittel versuchen, das ihr damals geholfen hatte. Es heißt Ipe Cacuanha. Meine Mutter, die weiterhin meine Krankenschwester spielte, besorgte das Mittel aus der Apotheke. Ich wusste, dass bei homöopathischen Mittel eine so genannte "Erstverschlechterung" auftrat, wenn das Mittel anschlägt. Am nächsten Tag nahm ich eine Tablette Ipe Cacuanha und wartete was passieren würde. Einen Tag später verschlechterte sich mein Zustand wieder so sehr, dass ich selbst meinen Morgentee nicht bei mir behielt. Ich kotze wieder drei Tage lang überall wo ich gerade war und mir wurde ständig schwindlig. Es war also die klassische "Erstverschlechterung" eingetreten. Ich schöpfte Hoffnung. Und wirklich; am fünften Tag mit Ipe Cacuanha-Tabletten ging es mir plötzlich viel besser. Meine Eltern fuhren mich in unsere neue Wohnung. Die 11/2 Stunden Autofahrt überlebte ich ohne einmal zu kotzen. In unserer neuen Wohnung musste ich mich nur noch dreimal übergeben. Es war wie ein Wunder. Ich nahm bis zur 30. SSW morgens und abends eine Tablette und es ging mir gut. Ich konnte wieder eine Küche betreten und mir sogar selbst etwas zu essen machen. Nur eines ging bis zur Entbindung im November nicht weg: ich ekelte mich oft vor meinem eigenen Speichel, so dass ich ihn nicht schlucken konnte. Deshalb habe ich immer Nüsse, Traubenzucker und Gummitiere bei mir gehabt. Mit dem Geschmack im Mund konnte ich schlucken ohne dass es mich würgte. Durch unseren Umzug habe ich auch meine FÄ gewechselt, die neue Ärztin hatte wesentlich mehr Verständnis und wendet homöopathische Mittel an.

Abgesehen davon, dass ich ab der 28. SSW viel liegen musste, weil das Köpfchen schon sehr tief saß, war der Rest meiner Schwangerschaft nach der 24. SSW erträglicher und am 7. November 2002 kam dann endlich unsere kleine Beatrice auf die Welt.

Diese Internetseite hat mir sehr geholfen. Ich habe gemerkt, dass es auch noch andere Schwangere gibt, die genau so leiden mussten wie ich. Dadurch konnte ich feststellen, dass ich nicht verrückt bin und mir etwas einbilde.

Ich kann nur allen Frauen mit Hyperemesis raten, neben der Schulmedizin etwas anders auszuprobieren. Sie sollten lieber eine gute Hebamme um Rat fragen. Hebammen haben wesentlich mehr Verständnis für Schwangere als Ärzte!

Silvia