3 Schwangerschaft Hyperemesis Zwillinge

Amal Zohra @, Montag, 05. Juli 2021, 13:59 (vor 1219 Tagen)

Seit Jahren verfolge ich dieses Forum, 7 Jahre ist meine erste Schwangerschaft nun schon her und es hat mir nach der ersten Schwangerschaft sehr geholfen die Erfahrungen anderer Betroffenen zu lesen.
Meine erste Schwangerschaft war traumatisierend und ich habe so ziemlich alle Demütigungen miterleben müssen, vom Krankenhauspersonal, über dumme Tipps bis hin zu Unverständnis von Familie und Freunden, da den meisten bis heute HG unbekannt ist.
Trotz der ersten Erfahrung wurde ich ein zweites Mal schwanger und wie bei den meisten Berichten hier im Forum, war auch diese Schwangerschaft schwierig, mit einem kleinen Kind und der Traumatisierung vom ersten Mal, ist die Kraft schon viel schneller ausgeschöpft.
Nach der zweiten Schwangerschaft wollte ich mich sterilisieren lassen und beließ es dann doch bei der Spirale, die ich gut vertrug. Es vergingen ein paar Jahre und zu Beginn der Corona-Pandemie war der Wunsch nach einem dritten Kind wieder so stark, dass wir es nach langer Abwägung drauf anließen. Es klappte sofort und die Übelkeit kam pünktlich in der 5 SsW.
Diesmal war es schlimmer als bei den ersten beiden Malen, ich konnte nicht einmal mehr schlafen, das war eigentlich die einzige Möglichkeit, der Übelkeit zu entkommen. Schnell stellte sich heraus, dass ich Zwillinge bekommen sollte. Bis zur 7 Woche kommt mir bis heute vor, wie eine Ewigkeit, ich fühlte mich sterbenskrank und ohne Kraft, ich hätte nie geglaubt dass es noch schlimmer sein könne als bei den ersten beiden. Dazu hatte ich zwei Kinder zuhause, die Kitas zu diesem Zeitpunkt geschlossen, alle Energieressourcen verbraucht. Tief in mir war die Gewissheit: Das kann mein Körper nicht, ich überlebe das nicht und die zwei ungeborenen Wesen auch nicht. Ich wusste es so sicher, das wir zu dritt dies nicht überleben würden. Es folgten sehr emotionale verzweifelte Tage, die Entscheidung war gefällt. Die letzte Kraft nahm ich zusammen zu einem Beratungsgespräch und der Suche nach einer Klinik. Unglaublich wie schwer es verzweifelten Frauen gemacht wird, zum Glück war die Beratung herzlich und hilfreich, natürlich bei einer nicht christlichen Organisation. Derweil ging es mir so schlecht, dass ich ständig ohnmächtig wurde und ich hatte wirklich das Gefühl zu sterben. So kam ich ins Krankenhaus, um die Tage bis zum Abbruch durchzustehen. Die Ärztin im Krankenhaus war unglaublich, sie fühlte sich von meiner klaren Entscheidung so angegriffen, dass sie mir mehrmals ihr Unverständnis ausdrückte, zu Mal ich ja (noch) nicht 5% meines Gewichts verloren hätte (es war ja auch erst die 7 Woche) und es ja Behandlungsmöglichkeiten gäbe (Infusion im Krankenhaus, wobei Vomex dieses Mal gar nichts brachte, Agyrax hat wenn dann verschlimmert und Ondansedrom verliert nach ein paar Mal die Wirkung bei mir. MCP sowieso...) und das es ja wieder bald aufhöre. Diese Ärztin teilte mir dann am letzten Abend vor dem Eingriff (der in einer Privatklinik in einer anderen Stadt stattfinden sollte), dass die Neugeborenstation voll sei und diese Nacht zwei frisch gebackene Mütter mit ihren Babies direkt aus dem Kreisssaal in mein Zimmer verlegt würden. Bis heute kann ich das nicht fassen! Mein Mann hat mich sofort abgeholt und ich kroch kotzend an der ersten frischen Mutter mit Säugling vorbei. Ich glaube schlimmer geht es fast nicht. Ein Jahr ist das nun her. Der Eingriff am nächsten Tag (7+6) war für mich eine Wiedergeburt, ich fand zu Lebensfreude und Kraft zurück und ich kann nicht vergessen, wie ich nach der Narkose aufwachte und das Personal sehr liebevoll und behutsam mit uns Frauen umging. Unter Tränen dankte ich dem Arzt, der mir mein Leben zurück gab und zwei Sterne dem Himmel zurück gab: Amal (Hoffnung) und Zohra. Es dauerte noch länger, bis die Übelkeit ganz weg war und ich wieder Kraft hatte, aber ich war so dankbar für die Zeit mit meinen Kindern, das Leben, woran ich wieder teilnehmen durfte. Ein Abbruch ist immer die letzte Lösung, dass muss die Gesellschaft endlich begreifen, ein Abbruch ist oftmals eine Entscheidung FÜR das Leben der Frau. Das ist mir so wichtig, das zu Betonen, da anscheinend ein ungeborenes Leben derzeit in vielen Ländern (Wo der Abbruch verboten ist) vor dem Wohlergehen der Mutter steht. Niemand kann sich vorstellen, wie es sich anfühlt HG zu haben, nur die wenigsten können so einen Zustand mehrmals durchstehen. Lasst Euch nicht demütigen, sowie ich das über mich so oft übergehen ließ. Seid stolz, eine HG überstanden zu haben und seid ebenfalls stolz, wenn ihr euch für Euer Leben entscheidet. Ich fühle keine Schuld und bereue es nicht, die Trauer jedoch sitzt bis heute tief in mir und ich versuche ihr Raum zu geben. Wie unglaublich wertvoll Gesundheit ist und die Liebe zu meinen Kindern und meinem Mann, meinen Freunden, meinem Beruf, dem Leben- das hat mich diese Geschichte gelehrt.

3 Schwangerschaft Hyperemesis Zwillinge

Amal Zohra @, Baden-Württemberg - Malterdingen, Montag, 05. Juli 2021, 14:13 (vor 1219 Tagen) @ Amal Zohra

Das vielversprechende Cariban, war die ersten Tage meine Hoffnung, hat leider auch nicht geholfen. Ich schreibe das so deutlich, da bei manchen leider gar keine Medikamente helfen. Ich denke die berühmteste HG Patientin Kate Middleton hat das dritte Kind nur geschafft, weil sich viel Personal um die Familie gekümmert hat und extra Spezialisten und Mentoren eingeladen wurden, die mit Meditation gegen die Übelkeit vorgingen. Vielleicht ist Hypnose eine gute Methode? Hat da schon jemand Erfahrungen dazu gemacht? Wenn eine chemische Medikation nicht wirkt, hilft eine mentale Behandlung vielleicht, denn am meisten macht einem ja die Übelkeit zu schaffen? Ich wünsche allen werdenden Müttern mit HG eine für sie gute Behandlung zu finden. Vor allem nehmt Euch Hilfe und Unterstützung, alles was geht.

3 Schwangerschaft Hyperemesis Zwillinge

Tabea123, Dienstag, 06. Juli 2021, 09:52 (vor 1218 Tagen) @ Amal Zohra

Hallo ????‍♀️ Ich bin so froh für dich, dass du den Abbruch vornehmen konntest. Es ist nicht auszudenken, wie das sonst weitergegangen wäre. Ich bin in der 15. Woche und habe noch immer, aber erträgliche Übelkeit (ist mein 2. Kind). Die ersten 1-2 Wochen waren aber sehr schlimm, und danach noch etwa 6 Wochen ziemlich schlimm, und seither recht erträglich. Aber allein schon wegen den schlimmeren 8 Wochen, ziehe ich eine weitere ss nicht in Betracht. Hattest du es die ganze ss über, oder hörte es im 2. Trimester auf? Hattest du deinen Mann für den Abbruch auf deiner Seite? Ich wünsche euch als Familie alles Gute, viele schöne Momente und Glück in eurem Leben ❤️❤️❤️

3 Schwangerschaft Hyperemesis Zwillinge

Tabea123, Dienstag, 06. Juli 2021, 09:54 (vor 1218 Tagen) @ Tabea123

Die Fragezeichen oben sollten ein Winkesmiley sein, der offensichtlich nicht dargestellt werden kann ????

3 Schwangerschaft Hyperemesis Zwillinge

Chrissi ⌂ @, Samstag, 10. Juli 2021, 22:09 (vor 1213 Tagen) @ Amal Zohra

Herzlichen Dank für das Teilen Deiner wirklich bewegenden Geschichte.
Ich fühle mit Dir und schwankte beim Lesen zwischen Wut und Trauer.
Was Du alles erlebt hast, wie man mit Dir umging, wie schlecht es Dir ging, was das Erlebte in Dir auslöste....
mir fehlen fast die Worte.
Um so dankbarer bin ich Dir, dass Du es hier aufgeschrieben hast und den Mut und die Kraft dazu hattest.
Vielen Dank dafür und herzliche Grüße
Chrissi

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